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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Das Mittelalter - S. 196

1891 - Münster i. W. : Schöningh
196 Mittelalter. Zweifel bestanden; die andern Fürsten ließen Rudolf von Habsbnrg am 1. Oktober durch den Pfalzgrafen Ludwig zum König ausrufen. Schon am folgenden Tage hielt dieser in Frankfurt feinen Einzug. Die Krönung in Aachen wurde für den 24. Oktober in Aussicht ge< nommen. Alles war in froher Bewegung, als Rudolf dorthin zog; seine Gemahlin Anna mit ihrem Bruder, dem Grafen Albert von Hohenberg, und zahlreiche schwäbische und rheinische Ritter folgten ihm. Auch die Kurfürsten mit ihrem Gefolge, wohl an 20000 Mann, eilten nach Aachen; drei Meilen hin dehnte sich auf der Straße der wimmelnde Zug der Menschen. Nach der Krönung sollten die Fürsten belehnt werden; das Scepter aber, das hierbei gewöhnlich gebraucht wurde, fehlte; es scheint in der früheren herrenlosen, bewegten Zeit verloren gegangen zu sein. Da nahm Rudolf das Kruzifix vom Altare, küßte es und sprach: „Dieses Zeichen, in welchem wir und die ganze Welt erlöst sind, wird wohl auch die Stelle des Scepters vertreten." Die überraschten Fürsten küßten das Kruzifix wie er und empfingen die Sehen. Gegen jene, denen er feine Wahl vorzugsweise zu danken hatte, bewies sich Rudolf dankbar: dem Erzbischof von Mainz bestätigte er alle Privilegien, welche von den vorigen Kaisern, Friedrich Ii. eingeschlossen, dem Erzbistum verliehen worden; dem Pfalzgrafen erneuerte er die Schenkung, welche er von Konradin erhalten; dem Burggrafen Friedrich verlieh er die Burggrafschaft Nürnberg als gemischtes Lehen. Durch Familienbündnisse knüpfte er die Fürsten an sich: dem Rheinpfalzgrafen Ludwig vermählte er seine Tochter Mechthild, dem Herzog Albrecht von Sachsen seine andere Tochter Agnes, eine dritte, Hedwig, heiratete später den Markgrafen Otto von Brandenburg. Rudolf war von Haus aus eine durchaus nüchterne, nur auf das Praktische und Erreichbare gerichtete Natur, zugleich bei seinem Regierungsantritte schon füufnndfünfzig Jahre alt, somit in einem Alter, wo man nicht mehr geneigt ist, Idealen nachzujagen. Er stellte sich daher durchaus aus den Boden der gegebenen Verhältnisse und verzichtete von vornherein darauf, die Monarchie, wie sie unter den Staufern bestanden hatte, wieder herzustellen. Obwohl in früheren Jahren ein eifriger Anhänger der staufischen Partei, suchte er sich jetzt mit der Kirche auf guten Fnß zu stellen. Erbat den Papst um seine Gunst und erneuerte die Versprechungen, welche Otto Iv. und Friedrich Ii. bezüglich des Umfanges des Kirchenstaates und der freien Bischofswahlen auf Verlangen der Päpste hatten machen müssen. Dagegen erkannte Gregor X. trotz aller Gegenbemühungen Ottokars von Böhmen am 26. September 1274 Rudolf als König an. Auch bezüglich der inneren Verhältniße Deutschlands machte dieser keinen Versuch, die Entwickelung der letzten Jahrzehnte rückgängig zu machen. Seitdem der Kampf zwischen den Stansern und dem mit den

2. Das Mittelalter - S. 197

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Huber und Maillth: Rudolf von Habsburg. 197 Fürsten verbündeten Papsttum ausgebrochen, und seitdem um die Mitte des 13. Jahrhunderts infolge des Aussterbens mehrerer Fürstenhäuser und der Gleichgültigkeit anderer das Recht, den König zu wählen, auf wenige Fürsten beschränkt worden war, die früher zuerst ihre Stimmen abgegeben hatten, war Deutschland ans einer Monarchie in eine Oligarchie verwandelt worden, und die Kurfürsten suchten diesen Zustand zu-befestigen. Schon früher hatte der König wichtige Reichsangelegenheiten nicht eigenmächtig entscheiden dürfen, sondern war an die Zustimmung der Fürsten gebunden, was sich teils durch die Ansührung derselben als Zeugen, teils durch ihre Mitbesiegelung der königlichen Urkunden, teils auch durch Ausstellung förmlicher Zustimmungsurkunden von seiten einzelner Fürsten zeigt. Wie bei der Königswahl wurde auch bezüglich der Genehmigung königlicher Verfügungen im Laufe des 13. Jahrhunderts immer größeres Gewicht auf die vornehmsten Fürsten gelegt. Unmittelbar nach Rudolfs Wahl erscheint es dann seststehend, daß die Kurfürsten, aber auch nur diese, zu allen Verfügungen des Königs über wichtigere Fragen, namentlich über die Vergebung von Reichsgütern, meist in Form eigener Urkunden, sogenannter Willebriefe, ihre Zustimmung zu geben haben. Wir werden daher annehmen müssen, daß die Kurfürsten bei der Wahl Rudolfs diesem die Auerken- Rudolf v°n Habsburg, nnng dieses Rechtes förmlich als Bedingung auferlegt haben. So lag der Schwerpunkt der Regierung Deutschlands jetzt wesentlich bei den Kurfürsten. Rudolf hat auch gesucht, mit denselben möglichst Hand in Hand zu gehen und die weltlichen Kurfürsten durch Knüpfung enger Familienbande, die geistlichen durch andere Begünstigungen besonders materieller Natur an sich zu ketten. Die wichtigste Frage für die zukünftige Entwickelung des Reiches war das Verhältnis des Königs zur neuen böhmisch-österreichischen Macht, die sich im Osten gebildet hatte.

3. Das Mittelalter - S. 198

1891 - Münster i. W. : Schöningh
198 Mittelalter. Ottokar hatte seine Monarchie durch geschickte und rücksichtslose Ausbeutung der Schwäche Deutschlands gegründet und war zu mächtig, als daß er sich einem andern Herrscher hatte unterordnen können. Er mochte es selbst fühlen, daß sein Reich und ein kräftiger deutscher König unmöglich nebeneinander bestehen könnten. Er war daher von Anfang an entschlossen, Rudolf nicht anzuerkennen, obwohl ein schneller Anschluß an den König das einzige Mittel gewesen wäre, die Bestätigung seiner Erwerbungen durch die Reichsgewalt zu erlangen. Daß die Kurfürsten die böhmische Stimme von der Wahl ausgeschlossen hatten und diese unter Protest von seiten seines Bevollmächtigten vorgenommen worden war, bot ihm den formellen Anlaß, Rudolf von Habsburg, „dem wenig tauglichen Grafen", „den der Bettelsack drücke", die Anerkennung zu verweigern. Ottokar hoffte lange, die römische Kurie, die sein Emporkommen begünstigt, würde sich seiner annehmen, aber schon im Sommer 1274 kam er zu der Gewißheit, daß auf eine Verwerfung der Königswahl dnrch den Papst nicht zu rechnen sei. Sobald Rudolf der Anerkennung des Papstes und der Neutralität desselben in seinem Streite mit Ottokar sicher war, beschloß er, die böhmische Großmacht zu zertrümmern. Auf seinem ersten Reichtstage in Nürnberg stellte er am 19. November 1274 an die versammelten Fürsten und Großen die Frage, wer Richter sein solle, wenn der römische König gegen einen Reichsfürsten wegen Reichsgüter oder anderer Unbilden eine Klage vorzubringen habe. Nach dem einstimmigen Urteile, daß dieses Recht von alters her dem Pfalzgrafen am Rhein zustehe, setzte sich Ludwig von Bayern ans den Richterstuhl, und Rudolf trat als Kläger auf. Auf seine Fragen wurde entschieden: 1) daß der König alle Besitzungen, die Kaiser Friedrich Ii. vor feiner Absetzung unbestritten gehabt habe, und alle seit dieser Zeit dem Reiche heimgefallenen Güter an sich ziehen und jeden, der sich ihm hierbei widersetze, mit Gewalt bezwingen dürfe; 2) daß der König von Böhmen, weil er über Jahr und Tag die Belehnung vom römischen Könige nicht eingeholt habe, alles Rechtes darauf verlustig sei; 3) daß der Pfalzgraf den König von Böhmen wegen seiner Hartnäckigkeit durch einen freien Mann auf den 23. Januar nach Würzburg vorladen solle. Noch von Nürnberg aus erließ der Pfalzgraf die Vorladung. Da Ottokar in Würzburg nicht erschien, wurde ihm für Mitte Mai ein weiterer Tag in Augsburg gesetzt. Hier fand sich wenigstens der Bischof Wernhart) von Seckau als Ottokars Bevollmächtigter ein, aber nur um Rudolfs Wahl anzufechten, weil hierbei das Recht des Böhmenkönigs verletzt worden war. Dies hatte die Folge, daß nun die siebente Kurstimme definitiv dem Herzogtum Bayern zugesprochen wurde. Zugleich wurde Ottokar auch der während des Zwischenreiches besetzten

4. Das Mittelalter - S. 199

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Huber und Mailä-th: Rudolf von Habsburg. 199 Reichsländer verlustig erklärt. Bevor jedoch Rudolf zu den Waffen griff, sandte er den Burggrafen Friedrich nach Böhmen, den Weg gütlicher Ausgleichung noch einmal bei Ottokar zu versuchen. Ottokar aber wies den Burggrafen spottend ab; der Krieg war unvermeidlich. Um feinen Ansprüchen den notwendigen Nachdruck zu verschaffen, hatte Rudolf schon im Sommer 1274 Verbindungen mit dem Erzbifchofe Friedrich von Salzburg und den Bischöfen von Paffau und Regensburg angeknüpft, welche in den füdostdeutfchen Herzogtümern begütert und von Ottokar mehrfach in ihren Rechten und Besitzungen beeinträchtigt worden waren. Außerdem verbündete er sich mit dem Grafen Meinhard von Tirol und Görz; um den Bund zu befestigen, verlobte er feinen ältesten Sohn Albrecht mit Meinhards Tochter Elisabeth. Von großem Erfolge war für Rudolf auch sein Bündnis mit den Männern, welche wahrend der Minderjährigkeit des jungen Ladislaus Iv. die Regierung von Ungarn leiteten. Um die Bande zwischen beiden Häusern zu befestigen, baten sie für den Bruder ihres Königs, den Herzog Andreas von Slavonien und Kroatien, um die Hand einer Tochter oder sonstigen nahen Verwandten Rudolfs. Außer diesen offenen Verbündeten hatte Rudolf geheime Anhänger in Österreich und Böhmen; die österreichischen Stände sowohl, als einige des böhmischen Adels luden ihn ein durch Gesandte und Briefe, sie von Ottokars lastendem Joche zu befreien. Es hatte lange gedauert, bis Rudolf in der Lage war, das Urteil des Reiches gegen den böhmischen König zu vollstrecken. Am 24. Juni 1276 kündigte ihm Rudolf den Krieg an und verhängte über ihn und femtarchänger die Reichsacht. Nach der Mitte des August brach Rudolf vom Rheine nach Nürnberg auf, um den Krieg zu beginnen. An Geld hatte es ihm bisher immer gefehlt. Als er im Beginn der Rüstungen mit den Seinen den Rhein entlang zog, redete der Herr von Klingen zu ihm: „Herr! wer soll Euren Schatz bewahren?" Rudolf antwortete: „Ich habe keinen Schatz, auch kein Geld, als diese fünf Schillinge schlechter Münze hier." Darauf sagte der von Klingen: „Womit wollt Ihr denn das Kriegsvolk besolden?" Rudolf entgegnete: „Dafür wird Gott sorgen, wie er bisher gesorgt hat." Der Erfolg sollte fein Vertrauen rechtfertigen. Auf den Rat des Erzbischofs von Salzburg bedrohte Rudolf die böhmische Grenze, und Meinhard rüstete sich, Steiermark anzugreifen. Albrecht, Rudolfs Sohn, sollte aus dem Salzburgifchen vordringen. Während sich aber Ottokars Scharen bei Eger sammelten, versöhnte sich Rudolf mit Herzog Heinrich von Niederbayern, welcher bis dahin Ottokars Verbündeter gewesen war. Jetzt kam der Herzog zu Rudolf nach Regensburg, ließ sich von ihm die Belehnung erteilen und sicherte ihm gegen den Böhmenkönig feine Unterstützung zu. Dagegen verlobte Rudolf seine Tochter Katharina mit Otto, dem ältesten Sohne desselben, und

5. Das Mittelalter - S. 200

1891 - Münster i. W. : Schöningh
200 Mittelalter. versprach ihm eine Mitgift von 40000 Mark, wofür ihm das Land ob der Enns verpfändet wurde. Nun stand Rudolf der Weg längst der Donau offen, und am 18. Oktober 1276 stand der König vor den Mauern Wiens. Wien hatte gerade in letzter Zeit Ottokars besondere Gunst erfahren. Dafür bewiesen die Wiener auch zu einer Zeit, wo Ottokar auf allen Seiten von Abfall bedroht ward, demselben die aufopferndste Anhänglichkeit. Ermuntert von Paltram vor dem Friedhofe, einem der einflußreichsten Bürger, und dem Stadtschreiber Konrad, setzten sie dem deutschen Könige einen hartnäckigen Widerstand entgegen, und schon war die Jahreszeit so weit vorgerückt, daß sich das Heer Rudolfs nicht mehr lange im Felde halten konnte. Andrerseits war Ottokar, durch Desertion in seinem Heere vielfach geschwächt, nicht in der Lage, über die Donau setzen und sich mit seinem Gegner in offener Feldschlacht messen zu können, denn an der March stand ein großes ungarisches Heer, bereit, ihm in den Rücken zu fallen, falls er die Donau überschritte. Unter solchen Umständen wurden Unterhandlungen angeknüpft. Die Vermittler brachten eine Vereinbarung zustande, daß vier Schiedsrichter den Streit der beiden Könige entscheiden sollten. Der von ihnen am 21. November 1276 vermittelte Friede von Wien entsprach im wesentlichen dem augenblicklichen Besitzstände. Ottokar verzichtete auf Österreich. Steiermark, Kärnten, Krain, die windisch^Mark und das während des Zwischenreiches besetzte Eger. Dagegen belehnte ihn Rudolf mit Böhmen und Mähren und versprach, seine Tochter Jutta dessen Sohne Wenzel zur Ehe zu geben mit einer Mitgift von 40000 Mark Silber. Umgekehrt sollte Ottokar seine Tochter einem Sohne Rudolfs zur Ehe geben und seine auf 40 000 Mark geschätzten Privatgüter und Lehen in Österreich dem Könige Rudolf zur Ausstattung seines Sohnes überlassen. Die Geiseln und Gefangenen sollten in Freiheit gesetzt, die Anhänger beider Könige begnadigt werden und die ihnen entzogenen Güter zurückerhalten, namentlich auch die Bürger von Wien zu Gnaden angenommen und der Stadt Wien alle Rechte und Privilegien bestätigt werden. Endlich sollte der König von Ungarn in den Frieden eingeschlossen und ihm alle von den Böhmen besetzten Plätze zurückgestellt werden. Am 25. November 1276 erfolgte Ottokars Belehnung in Rudolfs Lager vor Wien. Die deutschen Ritter waren gerüstet in zwei Reihen aufgestellt; die vornehmsten Verbündeten, die Bischöse und Erzbischöfe, die meisten von Ottokar einst hart bedrängt, umstanden Rudolf, dieser aber saß auf der Heerstraße auf einem unscheinbaren Stuhle in seinem gewöhnlichen, einfachen, grauen Wams. Die Fürsten fragten, ob er sich nicht königlich schmücken wolle, da Ottokar in voller Königspracht nahe. Rudolf antwortete: „Der König von Böhmen hat oft über meinen grauen Nock gespottet, nun soll ihn dieser auch beschämen." Da kam Ottokar.

6. Das Mittelalter - S. 201

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Huber und Mailäth: Rudolf von Habsburg. 201 Gebrochenen Mutes nahte er sich Rudolf, kniete vor ihm nieder, empsing die Belehnung und entfernte sich schnell. Rudolf hielt einen Prachtvollen Einzug in Wien, sah sich aber genötigt, der großen Kriegskosten wegen eine außerordentliche und drückende Steuer auf die neuen Reichsland^ auszuschreiben. Andrerseits suchte er das Land zu begünstigen: er entließ das Reichsaufgebot und behielt nur sein Hausgefolge; er ließ den Landfrieden auf fünf Jahre beschwören, den Adel gewann er, indem er ihm gestattete, die Burgen wieder aufzubauen, die Ottokar zerstört. Die Bischöfe waren ihm am meisten hold; die Lehen, welche die vorigen Herzoge von ihnen gehabt, übertrügen sie auf Rudolfs Söhne und bewilligten ihm eine außerordentliche Steuer von ihren Kirchengütern, den Klöstern ihres Kircbensprengels und ihren Unterthanen. Allein bei der Ausführung des zwischen Rudolf und Ottokar vereinbarten Friedens ergaben sich bald Schwierigkeiten, da jede Partei die einzelnen Artikel möglichst zu ihren Gunsten auszulegen suchte. Die Spannung war in den ersten Monaten des Jahres 1277 so groß, daß es neuerdings zum Kriege zu kommen drohte und die Anhänger beider Könige bereits die Feindseligkeiten begannen. Doch brachten Gesandte des böhmischen Königs mit dem Bevollmächtigten Rudolfs, dem Burggrafen von Nürnberg, einen Ausgleich zustande (am 6. Mai 1277), der auf einer festeren Grundlage als der Wiener Friede ruhte. Durch einen im September 1277 in Prag abgeschlossenen Ausführungsvertrag wurden auch die Pflichten Böhmens gegen das Reich festgestellt, und Ottokar erklärte sich bereit, zu Reichskriegen und zum Römerzuge das auf Böhmen entfallende Kontingent zu stellen. Doch sollte er für eine später aus ein Jahr festgesetzte Frist von dem Besuche der Reichstage dispensiert sein. Allein zu den alten Differenzen kamen immer neue. Man gewinnt den Eindruck, daß Ottokar sich den Weg zur Erneuerung der Feindseligkeiten unter günstigen Bedingungen' offen halten wollte. Selbst ein ihm sonst unbedingt ergebener Schriftsteller jener Zeit wirft ihm vor, er habe kaum den Tag erwarten können, wo er feinen Zorn am römischen Könige aus-lassen konnte. Er benutzte dazu die Frage über die Stellung jener böhmischen Adeligen, die sich im Herbst 1276 gegen ihn erhoben hatten. Als hierüber zwischen Rudolf und Ottokar ein brieflicher Meinungsaustausch stattfand, schrieb Ottokar am 31. Okt. in einem so gereizten Tone an Rudolf, daß bei letzterem die Überzeugung feststand, Ottokar sei zum Bruche entschlossen. Rudolf machte darauf allen Verhandlungen ein Ende und traf seine Vorbereitungen für die Wiederaufnahme des Krieges. Ottokar gewann die Unterstützung der schlesischen und polnischen Fürsten, mit denen er an der Grenze seines'relches eine Zusammenkunft hielt. Es gelang ihm auch, die Markgrafen von Brandenburg und

7. Das Mittelalter - S. 202

1891 - Münster i. W. : Schöningh
202 Mittelalter. Meißen, die es stets mehr mit dem Böhmenkönige, ihrem Verwandten, als mit Rudolf gehalten hatten, jetzt zum offenen Anschlüsse an ihn zu bewegen. Auch der Herzog Heinrich von Niederbayern ließ sich durch Geld von Ottokar gewinnen. Rudolf war in der höchsten Gefahr, denn er hatte nur geringe Macht beisammen und seine Verbündeten waren fern. Hätte ihn Ottokar damals ohne Verzng angegriffen, er hätte ihn geschlagen oder Österreich ohne Schwertstreich gewonnen. Vierzehn Tage verlor Ottokar mit der Belagerung von Drossendors, eine kurze, aber unheilbare Zeit für ihn: denn während dieser Tage erhielt Rudolf Zuzug aus dem Reich, die Bischöfe mit den Mannen scharten sich um ihn, der österreichische Adel schloß sich ihm an, die Wiener gewann er gleichfalls durch Begünstigung ihrer Stadt. Die Ungarn unter König Ladislaus standen an der March, Rudolf ging über die Donau, vereinigte sich mit ihnen und begegnete betrtheere Ottokars bei Laa. Ein Meuchler ließ sich bei Rudolf melden, dieser wies den Antrag mit Unwillen zurück und ließ den Böhmenkönig warnen. Der Tag der Entscheidung brach heran. Ottokar hatte sein Heer nach den Völkerschaften, aus denen es bestand, in sechs Haufen geteilt. Die Nachhut vertraute er Milota von Rosenberg an, den er früher in seinen nächsten Verwandten schwer beleidigt hatte. Derselbe Milota war nun seine letzte Hoffnung. Rudolf teilte feine Krieger in vier Heerhaufen: zwei bildeten die Ungarn, zwei die deutschen Truppen. Die Ungarn führte Matthäus Graf von Trencsin und Graf Schildberg. In beiden feindlichen Heeren standen Kumanen. Letztere waren ein asiatisches Steppenvolk türkischen Stammes, bei den Byzantinern Uzen genannt, das im 11.Jahrhundert in Europa und Ungarn eingebrochen und an beiden Ufern der Theiß seßhaft war. Rudolf wollte, daß die Kumanen, die Ladislaus gebracht, mit denen streiten sollten, die in Ottokars Heere fochten; beffen aber weigerten sich jene, sie wurden also bestimmt, den Feind zu umschwärmen. Nach magyarischer Sitte nahm König Ladislaus keinen Anteil am Gefecht, er überschaute es von einem Hügel. Das unbändige Roß Heinrich Schölins, eines schwäbischen Ritters ans dem Gefolge des Bischofs von Bafel, veranlaßte den ersten Angriff. Es trug ihn aus den Reihen Rudolfs mitten in die Böhmen hinüber, seine Freunde wollten ihn nicht sinken lassen und hieben nach. Die Losungsworte „Prag!" auf der einen, „Christus!" auf der Seite Rudolfs, tönten mitten durch das Gebraufe der Schlacht, den Schall der Waffen, das Wiehern der Rosse. Die Magyaren fochten mit all dem Haß, den ein alter Feind, mit all der Begeisterung, die eines Königs Gegenwart erweckt. Graf Matthäus von Trencsin stürzte vom Pferbe; Meister Denis, Sohn des Grafen Peter aus dem Geschlechte Osul, schützte ihn vor den anbrängen-ben Feinben und hals ihm auf ein anberes Pferb. Zwei Stuuben währte schort die Schlacht, das Banner Österreichs —

8. Das Mittelalter - S. 203

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Huber und Maillth: Rudolf von Habsburg. 203 ein hundertjähriger Ritter, Otto von Haslan, trug es — entsank des Greises müden Händen, Heinrich von Lichtenstein ließ es aufs neue wehen; dreizehn Trautmannsdorfe fielen im Gewühl der Schlacht. Rudolf selbst war zweimal in Lebensgefahr. Herbot von Füllenstein, ein polnischer Ritter, groß und stark, gleich eütem Riesen, hatte geschworen, ihn zu töten, er drängte sich an den König, aber Rudols überwand ihn und nahm ihn gefangen. Ein anderer aus Thüringen tötete des Kaisers n rb' Siegel Ottokars von Böhmen. Pferd, die Seinen kamen Rudolf zu Hilfe. Da sprach er: „Sorget nicht für einen einzelnen Menschen, gehet wieder in die Schlacht, stehet andern bei!" Eines Ritters Roß nahm er an und stürmte wieder in den Feind; da rief plötzlich der Markgraf von Hochberg: „Die Feinde fliehen!" Jubelnd wiederholten die Seinen den begeisternden^Zuruf^ die" schön wankenden Böhmen wanbten sich zur Flucht. In biesem entfcheibenben Augenblick rief Ottokar die Nachhut vor, auch biefe war schon in einen Kampf mit den Kutnanen verwickelt. Milota von Rosenberg, als er des Königs bebrängte Lage sah, übte Vvllstänbige Rache: statt sich der Kumanen

9. Das Mittelalter - S. 204

1891 - Münster i. W. : Schöningh
204 Mittelalter. zu erwehren und dem König beizustehen, floh er. Ottokar beschloß zu sterben wie ein König, er stürzte sich mitten in die feindlichen Heerhauseu. Zwei Ungarn schlugen ihn zu Boden und verwundeten ihn zum Tode. Noch andere warfen sich über den Gefallenen. Aus siebzehn Wunden blutend, lag Ottokar am Boden. Heinrich von Berchtoldsdorf fand den Sterbenden und labte ihn mit Wasser. Der unglückliche König atmete noch im letzten Todeskampf, als Rudolf hinzukam. Gegen die Gewohnheit der Zeit blieb Rudolf nach seinem Siege nicht auf dem Schlachtfelde stehen, sondern verfolgte die fliehenden Feinde mit rasender Eile noch drei Meilen weit. Schon am folgenden Tage stand er an der mährischen Grenze. Durch diese hitzige Verfolgung wurde die Vernichtung der feindlichen Armee vollendet. Der größte Teil derselben war getötet, in der March ertrunken oder gefangen. Die Zahl der Toten allein wird in gleichzeitigen Berichten auf 10000 bis 14000 Mann angegeben, während der Verlust auf Rudolfs Seite sehr gering gewesen sein soll, was sich übrigens daraus erklärt, daß für die damaligen Ritterheere gewöhnlich nicht der Kampf, sondern die Flucht das Verhängnisvollste war. Die Ungarn und Knmanen wurden übrigens trotz der Verdienste, die sie sich um den Sieg bei Dürnkrut erworben hatten, dem Könige Rudolf bald ünfequem, da sie überall, wohin sie kamen, die Ortschaften ausplünderten und die Einwohner wegschleppten. Reich mit Beute beladen und viele Gefangene mit sich führend, wurden sie nach drei Tagen von der mährischen Grenze nach Hause geschickt. Nachdem Rudolf seinen Truppen vier Rasttage gegönnt hatte, drang er nach Mähren vor, wo er nirgends Widerstand fand. Nach dem bald darauf geschlossenen Frieden wurde Otto von Brandenburg für fünf Jahre als Vormund des Königs Wenzel und als Regent von Böhmen anerkannt. Rubels erhielt zum Ersatz der Kriegskosten auf ebenso lange Zeit die Markgrafschaft Mähren. Die früher verabredete Doppelheirat zwischen Rudolfs Kindern, Rudolf und Jutta, und Ottokars Kindern, Agnes und Wenzel, wurde jetzt wirklich abgeschlossen. Rudolf hielt, nach Wien zurückkehrend, ein glänzendes Turnier, wobei sich ein seltenes Beispiel von Manneskraft im hohen Alter ergab. Otto von Haslan, geboren unter der Regierung des Babenberger Herzogs Heinrich Jasomirgott, turnierte mit seinem Urenkel Georg Tnrs, der eben von Rudolf zum Ritter geschlagen worden war.

10. Das Mittelalter - S. 205

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Freytag: Die Waffenübungen des Rittertums im 13. Jahrhundert. 205 Xxvii. Die Waffenübungen des Rittertums im 13. Jahrhundert. (G. Freytag.) Große Bedeutung erhielten für den Ritter feit dem Ende des zwölften Jahrhunderts die Waffenübungen, welche ein Vorrecht feines Standes geworden waren. Sie wurden in der Hauptsache schon im 10. Jahrhundert eingerichtet und feit den Kreuzzügen mit den Spielgefetzen, welche die Romanen allmählich erdacht hatten, zu einem System von Regeln verbunden, an deren Beobachtung der höfische, d. h. gebildete Mann erkannt ward, deren Verletzung für unehrenhaft galt. Von diesen Übungen war die häufigste, Grundlage der übrigen, die Tj o ft, der Speerstich zweier gerüsteter Ritter gegeneinander. (Vgl. S. 209.) Zweck dieses Kampfes war, den Gegner im fcharfen Anritt mit dem Spcer so zu treffen, daß entweder der Gegner vom Pferde geworfen wurde oder der Speer in die Rüstung des Reiters drang und von dem Stoß zersplitterte. Zu solchem Kampfe wurde ein Raum abgegrenzt, wenn die Örtlichkeit das erlaubte; beide Gegner nahmen einen Anlauf, den „Pnneiß", wobei das Roß mit gesteigerter Schnelligkeit so zu leiten war, daß es die größte Kraft im Moment des Stoßes gab. Man ritt dabei nicht „Stapfes oder Drabs" — im Schritt oder Trab — es gehörte Kunst dazu, zur rechten Zeit aus Galopp in Karriere, oder wie man damals sagte, „aus dem Walap in die Rcibbine" zu treiben. Der Anlauf war „kurz" oder „lang"; der lange erforderte größere Sicherheit in Führung des Rosses und Speeres, er war natürlich wirksamer; es ist charakteristisch, daß der lange Anlauf um 1200 für trefflicher galt, nach 1400 wegen der schweren Rüstung für unbequem. Es war Spielregel, bei biefem Rennen den „Hurt", das Zusammenprallen der Reiter und der Rosse, zu vermeiben, und der Reiter mußte verstehen, nach dem „Stich" mit einer Volte rechts abzubiegen, wenn er nicht die bösliche Absicht hatte, den Gegner zu überrennen; was am leichtesten geschah, wertn er schräg auf ihn hielt. Die „rechte Tjost" aber war, daß man in gerader Linie Front gegen Front aufeinander stieß, in diesem Fall traf der Speer die Schildfeite des anderen; war der Anlauf von beiden Seiten gleich kräftig und der Stich ohne Fehlen, so kamen trotz der Volte die Kämpfer einander häufig so nah, daß Schild an Schild stieß und die Kniee geklemmt wurden. Der Stoß wurde wirksamer aber schwieriger, je höher er gerichtet war; den oberen Rand des Schildes treffen, wo er sich mit dem Helm berührte, oder den Helm selbst, galt für den besten Stoß; das ungepanzerte Roß zu treffen, war große Ungeschicklichkeit. Wer dem
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